Frost in den Tropen und andere Un-Wetter
Wir sind jetzt fast zwei Jahre in Paraguay und haben am 07.07.2019 unsere erste Frostnacht mit -1°C erlebt. Nun, unser Grundstück liegt gerade mal gute 30km nördlich des südlichen Wendekreises, aber damit liegt es per Definition in den Tropen. Noch vor wenigen Jahren wären so niedrige Temperaturen hier genauso ungewöhnlich gewesen, wie die hohen des Sommers. Bei -1°C für wenige Stunden mag mancher nichts schlimmes daran finden. Fast alle Pflanzen haben die Kälte auch unbeschadet überstanden und die wenigen Schäden sind bald wieder behoben. Wie es bei Tieren aussieht, kann man nur ahnen, da solche Daten hier nicht erhoben werden. Bezeichnend ist auch, daß Concepción keine Notunterkünfte für Obdachlose besitzt, weiter südlich gelegene Städte schon. Kulturpflanzen wie Bananen und Tomaten kommen mit diesen Temperaturen gar nicht gut zurecht und die Meldungen von Ernteeinbußen in der Landwirtschaft bestätigen das Problem. Hier gibt es normalerweise keinen Frost und daher ist weder Mensch noch Natur, ja nicht einmal die Industrie, darauf eingestellt, daher sind die Schäden gleich erheblich
Dies war aber nicht das einzige ungewöhnliche Wetterphänomen. Das gesamte letzte Jahr bot immer wieder ungewöhnliche Wettersituationen.
Der Winter 2018
Während wir hier Winter haben, ist natürlich auf der Nordhalbkugel Sommer. Der Winter in Paraguay zeichnet sich normalerweise dadurch aus, daß die Tagestemperaturen nicht wesentlich über 30°C gehen und es nachts schon mal ab und zu unter die 10°C-Marke rutscht. Wenn es mindestens drei Tage nachts unter 10°C und tagsüber unter 20°C bleibt, spricht man hier von einer Kältewelle. “Normal” sind drei bis fünf solcher Kältewellen, die 3-6 Tage anhalten. Ebenfalls normal, aber sehr unangenehm, sind die durch Winddrehungen schnellen Temperaturwechsel. Es kann vorkommen, daß auf eine klare Nacht mit Südwind und 5°C ein heißer Tag mit Nordwind und 30°C folgt oder umgekehrt. Häufiger ist dies allerdings über 2 Tage verteilt. Hat man sich gerade an etwas kühlere Temperaturen gewöhnt, geht es wieder rauf oder eben anders herum. Im August werden diese Sprünge dann langsam sanfter. Leider war der Winter 2018 einer der kältesten. Nicht wegen der Tiefe der Temperaturen, sondern wegen der Dauer und Häufigkeit der Kältewellen. Es gab neben vielen kurzen, drei Wellen von fast zwei Wochen Dauer. Immer wieder hofften wir, der nächste Temperaturanstieg sei das Ende des Winters, aber dann ging es doch wieder runter. Da der Abfall und der Anstieg der Temperaturen oft innerhalb von 48 Stunden um 20°C-25°C erfolgt, stellt dies eine erhebliche Belastung des Organismus dar. Impfhysterie und Antibiotika-Mißbrach sorgen für gut gefüllte Gesundheitszentren. Mitte September explodierten die Temperatren plötzlich und schossen auf sommerliche 37°C.
Ein nasses Frühjahr
Der Oktober brachte Rekordmengen an Wasser vom Himmel. Es regnete soviel, wie noch nie - seit Beginn der Wetteraufzeichnng. In vielen Regionen des Landes löste eine Katastrophe die vorhergehende ab und gerade im Chaco standen große Gebiete mit vielen Ortschaften unter Wasser - nur wir hatten Glück. Natürlich hat es auch hier viel geregnet, aber außer den obligatorischen Stromausfällen, hatten wir keine Schäden zu beklagen. Eine kleine Brücke hier in der Nähe mußten wir regelrecht suchen, da der kleine Bach, den man sonst bequem durchwaten könnte, um ganze 3m angestiegen war und die Brücke nebst des Weges dorthin überspülte. Daran konnten wir sehen, daß auch hier ordentlich Wasser herunter gekommen sein mußte. Bei uns waren nicht einmal die Teile des Grundstücks, die eher feucht sind, besonders naß. Nur die Außenarbeiten blieben natürlich oft liegen. Im Dezember wurde es endlich dauerhaft freundlicher, aber dann kam die Hitze.
Ein Sommer der Hitzewellen
Die erste Hitzewelle kam schon im Dezember, aber von Januar bis Anfang März gab es eigentlich nur noch kurze Unterbrechungen mit Tagestemperaturen unter 35°C. Die "normalen" Tagestemperaturen lagen mit 37°C - 40°C deutlich zu hoch und es war viel zu lange heiß und trocken. Einige Regionen bekamen schon Wasserprobleme. Was im Oktober zu viel da war, fehlte nun. Als Mitte März der erste nenenswerte Regen kam, war auch der Sommer vorüber.
Der Herbst - wieder viel zu naß
Der lang ersehnte Regen brachte in vielen Regionen neue Katastrophen. Die flußnahen Bereiche von Asunción, weite Gebite entlang des Rio Paraguay und 90% der Stadt Pilar waren wochenlang unter Wasser. Ein Bild des Grauens bot sich auf einigen Wiesen in Ňeembucú, als über die Ufer getretene “Bäche” die Rinder wegschwemmten. Da diese Tiere hier für viele der einzige Reichtum sind, kam es natürlich zu waghalsigen Rettungsversuchen. Einige Bereiche der Städte sind wohl noch bis August nicht bewohnbar.
Wieder Winter und Frost
Wir waren ganz froh, als sich das Wetter beruhigte und die Temperaturen in einen Bereich rutschten, in dem körperliche Arbeit Spaß macht. Man muß wissen, daß wir mittlerweile bei weniger als 20°C frieren und uns durch Arbeit aufwärmen müssen. Bis 30°C macht körperliche Arbeit richtig Spaß. Dann kam die Frostwarnung. Na klar, dachten wir, in Guairá und im Süden, aber doch nicht in den Tropen. Zum Glück haben wir die jungen Tomatenpflanzen mit einer Plane abgedeckt, aber einige exponiert stehende Bananenpflanzen sehen gar nicht mehr schön aus. Sie sind aber sehr robust und haben schon wieder neue grüne Blätter bekommen, eine blüht sogar.
Klimawandel oder einfach nur Dummheit und Profitgier?
Wie wir an anderer Stelle beschreiben, findet ein Klimawandel auf der Erde ständig statt. Die Lebensdauer eines Menschen ist nur zu kurz, um dies zu erfassen, daher müssen wir die Geschichte zu Rate ziehen, um es zu verstehen. Der Klimawandel in Paraguay ist allerdings hausgemacht. Wer bereits über 90% des Waldbestandes “nachhaltig” (wir benutzen hier absichtlich dieses Modewort) vernichtet hat, der braucht sich eigentlich über die Folgen nicht zu wundern. Tatsache ist aber, daß die Rodungen weiter gehen und zwar illegal und auch völlig legal. Legal, wie geht das denn? Nun, ganz einfach. Die ach so christlichen Mennoniten müssen ja mit Soja und Rindfleisch die Welt ernähren, deren Nahrungsgrundlage sie planmäßig durch gekaufte Politiker, die wiederum die Gesetzesgrundlagen schaffen, zerstören. Dies geschieht im Namen eines Gottes, in dessen Namen schon einmal die Gesellschaft in Südamerika und nicht nur dort zerstört wurde. Aber was nutzt schon Geschichte, wenn man nichts daraus lernt.