Valle Tucan in Emboscada - für acht Monate unser Zuhause
Das Schicksal hatte uns schon in Deutschland den Kontakt zu Anita und Jörg Janisch hergestellt. Wir hatten sie als mögliche Unterkunft eigentlich nicht auf dem Plan, denn Emboscada lag uns viel zu nah an Asunción. Aber wir haben uns ja treiben lassen und schließlich war es ja wenigstens nicht mehr mitten in der Stadt.
Nach den Tagen im Hobbithaus, zogen wir in ein rund 37m² großes Tonnengewölbe auf dem selben Grundstück, hier blieben wir bis Ende Mai 2018. Emboscada hat zwar ein Gefängnis, ist aber ein wirklich wunderschöner Ort auf der Hügelkette der Cordillera im gleichnamigen Departamento. Wie in der ländlichen Gegend üblich, verteilen sich die Einwohner auf eine recht große Fläche und der Ortskern ist überschaubar. Die Ruta 3 teilt sich in zwei Einbahnstraßen, die das "Zentrum" einrahmen. In den vielen Seitenstraßen werden die Grundstücke schnell größer und es sieht ländlich aus. Wären die Grundstückspreise hier nicht in den letzten Jahren regelrecht explodiert, hätten wir uns mit der Landschaft durchaus anfreunden können. Von der Ruta zweigt auch eine Straße zum Ypacarai See nach San Bernardino ab.
Wir haben die Zeit in Valle Tucan dazu genutzt, um innerlich zur Ruhe zu kommen, denn wir standen anfänglich ja immer noch unter starker Anspannung.
8 Monate ohne fahrbaren Untersatz - es geht
Selbstverständlich wäre es möglich gewesen, sich ein Fahrzeug zu mieten, aber wir haben uns bewußt dagegen entschieden. Zum einen aus kostengründen, zum anderen wollten wir auch nicht in die Versuchung geraten, dann doch sinnlos durch die Gegend zu gondeln. Es war schon manchmal eine gehörige Überwindung nötig, um die 2km Erdstraße in den Ort Emboscada zu Fuß zu bewältigen. Vor allem wenn Mittags im Sommer die Sonne sehr hoch stand, gab es auf dem ganzen Weg kaum Schatten. Geschadet hat uns das jedenfalls nicht, denn erstens hatten wir dadurch Bewegung und zweitens konnten wir offenbar auch das Bild der Einheimischen von den "Alemanes" gründlich über den Haufen werfen. Da sind doch zwei zu Fuß unterwegs, nicht mal einen Roller können sie sich leisten? Jedenfalls waren alle sehr freundlich zu uns und ab und zu wurden wir auch von Fremden mit dem Auto mitgenommen, vor allem wenn wir mit vollgepackten Taschen unterwegs waren. Nach einiger Zeit entdeckten wir eine gute Einkaufsmöglichkeit, die nur noch 2,3km entfernt war. Der Super+3 wurde nun zu unserem Haupteinkaufsladen.
Will man etwas weiter weg, dann gibt es den Bus. Emboscada ist für 2 Stadtbuslinien aus Asunción die äußerste Entfernung. Die "Loma Grande Linie" fährt ganze 70km im Kreis herum, natürlich in beiden Richtungen. Dabei fährt sie nicht nur durch Emboscada, sondern über Limpio nach Asunción, dann ein gehöriges Stück die Ruta 2 entlang, um dann über San Bernadino und Altos ihren Heimatort Loma Grande zu erreichen und wieder von dort nach Emboscada. Die Tickets dieser einfachen Linien kosteten damals 2.300 Gs und es ist egal, wie weit man mit dem Bus fährt. Wir habens einmal drauf ankommen lassen und wollten eine komplette Runde fahren, aber dafür sahen wir doch wohl zu touristisch aus und der Busfahjrer wollte von uns letztentlich 10.000 Gs pro Person. Naja, 1,50E für 70km Fahrtstrecke sind ja auch voll abgezockt.
Die zweite Linie fährt mit modernen, klimatisierten Bussen direkt nach Asunción und kostete 3.600 Gs. Beide Busse fahren nach Limpio und dort ist der große Abasto Norte. Man kann ihn am besten mit einem Großmarkt vergleichen. In mehreren Hallen wird Obst, Gemüse, Getreide und natürlich Fleisch (was uns natürlich überhaupt nicht interessierte) u.ä. angeboten, in einer Halle gibt es mehrere "Comercial". Dies sind Geschäfte, die ähnlich wie ein Supermarkt ein vollständiges Warenangebot bieten. Der Unterschied zu Deutschland ist, daß hier jeder einkaufen kann und auch kleine Mengen. Wer mehr kauft, bekommt es natürlich günstiger. Direkt neben dem Abasto gibt es auch einen richtigen großen Supermarkt, der keine europäischen Wünsche offenläßt. Oft standen wir dann nach dem Einkauf an der Straße und kämpften mit dem inneren Schweinehund. Wieviel klimatisierte Busse lassen wir fahren, bis endlich einer von der Loma Grande Linie kommt? Denn Geiz ist ja geil und außerdem hatten wir ja dann 300m weniger Fußmarsch.
Ein weiterer Vorteil der Ortslage an der Ruta 3 war der, daß fast alle Busse in Richtung Norden hier durch fuhren. Egal, ob nach Salto de Guaira, Pedro Juan Caballero, Concepción oder nur nach San Estanislao/Santani, die Stadt mit dem lustigen Namen. Seöbst aif Verkehrsschildern wird mal der eine und mal der andere Name verwendet. Die gute Busanbindung ermöglichte es uns, im Land umher zu fahren.
Buschbrand auf Valle Tucan
Das Aufregendste, was wir in Valle Tucan erlebt haben, war wohl ein Buschbrand auf dem Grundstück. Der Nachbar wollte seine Weide von Gestrüpp befreien und hat es dazu, wie hier leider üblich, einfach angezündet. Dabei hat er aber den Wind wohl gehörig unterschätzt. Wir hörten anfangs nur ein knistern, aber als dann neben Rauch auch einige hochzüngelnde Flammen zu sehen waren, bekamen wir es doch etwas mit der Angst zu tun und suchten Jörg und Hugo. Beide kannten so etwas aber schon und hatten bereits mit den "Löscharbeiten" begonnen. So standen wir anfangs zu viert mit Strauchzweigen bewaffnet gegen die Flammen, bis dann die freiwillige Feuerwehr eintraf.
Erst waren es ein junger Mann und ein Mädchen, später kamen zwei weitere Mädchen hinzu. Sie kamen mit einem von Japanern gestifteten Feuerwehrauto (natürlich mit japanischer Beschriftung - keiner kann etwas lesen) ohne Wasser, aber voller Tatendrang. Immerhin hatten sie etwas bessere Feuerpatschen als wir und sprangen mutig in die Flammen. Das ganze hatte zwar wenig Erfolg und sie kamen auch rußgeschwärzt wieder heraus, aber sie waren sehr stolz. Während der ganzen Aktion hatten sie das Blaulicht weiter laufen lassen, so daß wir sie am Ende noch anschieben mußten, weil die Batterie leer war. Wir haben uns abends noch köstlich darüber amüsiert. Zum Glück hatte Jörg breite Wege als Brandschneisen angelegt. Es war nicht sein erster Brand und der Schaden war relativ gering.
Sommerzeit ist Mangozeit
Der hier in Paraguay weit verbreitete und als Schattenspender sehr beliebte Mangobaum hat zwar deutlich kleinere Früchte als die Mangos, die im Handel üblich sind, aber dafür trägt ein ausgewachsener Baum fast so viele Früchte wie Blätter. Als wir auf einem Einkaufsweg das erst Mal mit diesen Mangos konfrontiert wurden, kamen Erinnerungen hoch an die vielen plattgefahrenen Äpfel und Birnen entlang der Straßen Mecklenburgs. Mitten in Emboscada fanden wir einen riesigen Mangobaum, unter dem man vor lauter herabgefallener Früchte kaum noch treten konnte. Wir haben uns erst einmal die Taschen vollgestopft. Später entdeckten wir weitere Bäume entlang unseres Weges und dank der Tatsache, daß nicht alle gleichzeitig reif wurden, hatten wir fast 3 Monate eine herrlich süße Zeit. Die Mangos werden von vielen Einheimischen offenbar gar nicht geschätzt, denn die Früchte werden meist unbeachtet liegen gelassen. Nur selten sieht man jemanden, der sie, wie wir, einsammelt. Erst in der nächsten Mangosaison haben wir erfahren, daß es wenigstens im Großraum Asunción ein "Mangomobil" gibt, welchem die Anwohner, die Mangobäume haben, die Früchte mitgeben können. Sie werden dann offenbar gemostet und eine Brauerei hat sogar ein Mangobier heraus gebracht. Wenigstens wird so ein Teil der leckeren Früchte verwertet. Wir können es jedenfalls überhaupt nicht verstehen, denn es lächst uns jetzt schon nach der nächsten Mangozeit.