Unsere ersten Tage in der Hauptstadt Asunción
Wir hatten aus Deutschland nicht weiter geplant, als fürdie ersten Tage. Wir wollen in der Stadt nur die Papiere beantragen und uns dann auf die Suche nach einer neuen Heimat begeben.
Ankunft am 19.09.2017
Nach der Ankunft am Flughafen Petirossi war die Suche nach einem Taxi sehr einfach und unsere Wirtin hatte uns auch gut vorbereitet, so daß wir nicht den "Gringo-Tarif" bezahlen mußten. Wir hatten uns ja vom Schicksal leiten lassen und so sind wir über das Online-Portal AirBNB auf diese Unterkunft bei Heidi Reichert gestoßen. 20,- $ pro Nacht im Doppelzimmer war zwar für unsere Lebensweise recht viel, aber nicht für die Hauptstadt. Wir sind froh über den herzlichen Empfang und daß wir das Zimmer schon früher betreten durften, als üblich. Für uns war schließlich gefühlter Nachmittag, hier war es morgens. Wir erzählen erstmal viel und stellen fest, daß wir mit unserer Sicht der Dinge doch nicht so allein sind. Eine Erfahrung, die wir noch öfter machen werden.
Am Nachmittag nimmt uns Heidi mit in ein Shopping Center. Nahe des neuen "Mariscal Lopez" gibt es noch zwei weitere ältere. Sie zeigt uns einen Wochenmarkt, der auf einem Parkdeck eines dieser Center stattfindet und wir sind schockiert. Bei den Preisen könnten wir nicht lange durchhalten. Zum Glück erfahren wir bald, daß es auch anders geht. Als nächstes brauchen wir Geld in der Landeswährung Guarani und wir suchen uns eine Wechselstube. Der Umtausch klappt, wie zu erwarten war, gut und sogar zu einem guten Kurs. Aber wo steht nun Heidis Auto? Ein sicheres Zeichen, daß der Kopf heute nicht mehr richtig funtioniert und wir dringend Ruhe benötigen - soetwas wäre mir früher nie passiert. Nach zwei falschen Tiefgaragen fanden wir aber schnell die richtige.
Nun lernen wir auch sofort ein weiteres Problem Paraguays kennen, denn wir wollen uns eine Prepaid-Handy-Karte besorgen, wohlgemerkt keinen Vertrag. Theoretisch sollte der Reisepaß auch funktionieren, aber zumindest an diesem Schalter wird die Cedula verlangt, aber Heidi hilft uns aus dieser Misere. Nun können wir über das Internet Kontakt mit der alten Heimat aufnehmen. Die Kosten sind moderat. Sobald man Internet nutzt werden 1.500,-Gs abgebucht und man kann 24 Stunden surfen oder 400MB verbrauchen - günstiger als in Deutschland.
Auf dem Rückweg läßt uns Heidi beim Stock raus, eine der größtem Supermarktketten. Hier der nächste Schock. Wein und Bier gibt es zwar, aber sündhaft teuer, wenn man es nicht mit deutschen Marken vergleicht. Zum Glück finden wir aber auch hier später etwas günstigeres. Überhaupt ist vieles sehr teuer außer Weißbrot, Rindfleisch und andere ungesunde Sachen. Es dauert noch einige Zeit, bis wir auch da den richtigen Dreh finden werden. Nun geht es den einen Kilometer zu Fuß zur Unterkunft und wir fallen kurze Zeit später ins Bett.
Der zweite Tag
Unsere erste Nacht war für uns schnell zuende. Kein Wunder, denn wir sind gestern schon um 20:00 ins Bett gegangen und daher waren wir um 4:00 wach (klar, 10:00 in Deutschland). Wir dösen aber noch etwas und erwarten unser Taxi. Pünktlich, wie ein Deutscher steht Antonio vor der Tür und wir treffen zum ersten Mal unsere Einwanderungshelferin Bettina Müller. Auch hier haben wir mal wieder nicht richtig zugehört und sind an der falschen Adresse gelandet, aber es waren nur wenige Blocks entfernt. In einer Wechselstube nahe der BNF bekommen wir einen noch besseren Wechselkurs - wir haben auch später wieder dort getauscht, denn bis heute haben wir keine bessere gefunden. Die Kursunterschiede sind gewaltig. Das Geld für unsere Daueraufenthaltsgenehmigung können wir in Guarani hinterlegen, was uns durch den guten Kurs fast das Geld für Bettina übrig behalten läßt.
Zwei Blocks entfernt soll die Tourismus-Information SENATUR sein. Wir laufen ganze 4 Mal daran vorbei - diese Stadt macht mich fertig. Der Name und "Tourist-Info" stehen ganz oben dran, aber unten sind die Straßenhändler und daher haben wir nicht richtig geschaut. Wir bekommen einen Stadtplan - endlich. Neues Problem: Keine Brille und keine Lupe, der Stadtplan ist fast nutzlos.
Wir schauen uns noch ein wenig in der Stadt um und machen uns dann zu Fuß auf den Heimweg. Es ist sehr interessant, aber wir gehen den kürzesten Weg und das ist gar nicht gut. Bei einer Pause will ein junger Mann unser Trinken - wir geben es vorsichtshalber, obwohl ich Durst habe, denn es ist eine unsichere Gegend. Wir biegen vom Weg ab und gehen nur wenige Meter, schon stehen wir vor Villen und anderen noblen Häusern. Die Calle Intendantes Militares del guerra de Chaco laufen wir lange entlang, sie scheint uns in die richtige Richtung zu bringen. Meine Füße machern mir Probleme, die Karte können wir nicht lesen und wir sind uns nicht mehr sicher, ob wir noch richtig sind. Nun muß mal wieder Google herhalten - hurra, nur noch 2,7km. Keiner von uns kann das Teil richtig bedienen und wir landen nochmal etwas falsch, aber nur wenige Meter. Die Probleme mit meinen Füßen werden immer schlimmer, ich muß mich alle paar Hundert Meter hinsetzen, aber wir kommen gut in unserer Unterkunft an. Alles in Allem sind wir höchstens einen Kilometer zu weit gelaufen, eher viel weniger. Ich kann nicht mehr und versuche zu entspannen. Leider habe ich immer wieder Anflüge von Krämpfen, so wie schon auf dem Weg. Ich saufe fast 2 Liter Wasser. Wir schauen auf das Thermometer - es waren 38°C! Nach einiger Zeit gehen wir sogar noch zum Stock - heute gibt es Wein für Carmen und Bier für mich. Das Bier schaffe ich nicht ganz, aber insgesamt habe ich nun 4 Liter getrunken und kann nicht auf Toilette gehen. Offenbar war ich total dehydriert. Ich kann auch kein Brot essen, sondern nur Bananen und Tomaten.
Am dritten Tag ist Frühlingsanfang und es kommt wahrscheinlich der ganze Streß in geballter Form auf uns zu. Es geht uns beiden nicht gut und wir machen "halblang". Wir sind beide total kaputt, gehen auch nur zum Supermarkt und kaufen etwas ein. Es gibt wieder Wein für Carmen und Bier für mich, nur der billige Sprudel für den großen Durst findet Heidi eher weniger toll, es sei reines Gift. Nun schlimmer als in Deutschland ist es auch nicht - halt Chemie pur und es soll ja auch nicht für immer sein. Auch Mate probieren wir zum ersten Mal und als Terere schmeckt er uns sehr gut. Es ist schon interessant, daß wir die heutigen 35°C als angenehm empfinden.
Auch der vierte Tag ist eher ruhig. Carmen fährt allein mit Heidi zum Einkaufen, aber die angefahrenen Geschäfte sind nicht auf unserer Linie. Ich schreibe das Tagebuch nach, damit dieser Block überhaupt möglich wird.
Heute bekommen wir auch Kontakt zu Jörg Janisch in Emboscada - Janisch, den kennen wir doch? Es ist schon verrückt, denn wir hatten tatsächlich schon in Deutschland Kontakt mit ihm.
Unser fünfter Tag läßt uns richtig frieren. Es ist nur 17°C - 19°C warm und so machen wir uns zu Fuß auf Erkundungstour. Unser erstes Ziel ist der Super-6, die größte Supermarktkette in Paraguay. Drinnen empfängt uns ein vollkommen europäischer Supermarkt von imposanter Größe. Er kann locker mit den uns bekannten hamburger Supermärkten mithalten. Leider ist das Warensortiment nahezu ausschließlich von Nestlé-Marken dominiert und wir wollen doch wenigstens versuchen die offensichtlichsten zu meiden. Außer etwas Obst, was hier angenehm günstig ist, kaufen wir nichts. Leider handelt es sich dabei viel um argentinische oder brasilianische Importware. Auch der Parkplatz sieht sehr europäisch aus. Moderne Autos und vorallem SUV's dominieren das Bild. Ältere Fahrzeuge fallen, wie überall in der Stadt, sofort auf. Woher kommt nur das Geld? Die Stadt stößt uns immer mehr ab und wir hoffen, daß es auf dem Land anders aussieht.
Weiter geht es zu einem Laden mit dem bekannten Namen COOP. Eine mennonitische Cooperativa mit deutschem Bäcker und Schlachter. Es gibt sogar Nußhörnchen, aber bei den Preisen wird uns nur schlecht. Trotzdem ist der Laden gut besucht und es wird kräftig gekauft. Auf dem Heimweg durch laute und stinkende (Abgase) Straßen wollen wir nur endlich raus aus dieser Stadt, aber wir müssen noch einiges erledigen.
Abends geht es nochmal zum STOCK, der ist wenigstens von der Größe eher mit Aldi, Lidl und Co. vergleichbar. Der Laden hat Jubiläum und so lernen wir den Geschmack der Paraguayer kennen. Es gibt gratis Torte, aber was für eine. Hellblau mit den buntesten Verzierungen, aber sie schmeckt gut. Mittlerweile müssen wir auch beginnen, von veganer Ernährung auf vegetarische zurückzurudern. Später wird das immer wichtiger, denn wir bekommen tatsächlich Mangelerscheinungen.
Zum ersten Mal raus aus der Stadt
Am 24.09.2017 kommen wir zum ersten Mal raus aus der Stadt, dank Heidi. Was wir damals noch nicht wußten ist, daß uns dieser Ausflug in unser neues Zuhause für die nächsten acht Monate bringt.
Wir fahren die Transchaco-Ruta aus Asunción heraus. Es ist eine imposante Straße, über mehrere Kilometer 4-spurig mit separater Busspur. Auch die gigantische Werksvertretung von Caterpilar fällt natürlich auf, zumal der Eigentümer "Petersen" heißt - ein typisch paraguayischer Name.
Wir erreichen den nächsten Ort mit dem hochtrabenden Namen Limpio. Man kann nicht umhin zu grinsen, denn Limpio (suaber) ist sucio (dreckig). Heute nehmen wir den Ort noch nicht so wahr, aber später werden wir hier noch häufiger sein. Dahinter sehen wir endlich Land - nein wir waren nicht auf hoher See, aber wir fühlen uns wie eine Schiffsbesatzung, die nach langer Zeit das ersehnte Land sieht. Die Ruta 3 verläuft hier wunderschön einen leichten Höhenrücken, die Cordillera, hinauf und man hat einen herrlichen Blick auf das gesammte Becken von Asunción. Im Westen sieht man bis nach Argentinien, im Osten kann man den Ypacaray-See deutlich sehen. Kein Wunder, daß es hier ein Lokal gibt mit dem Namen "Panoramablick" - aber hoppla, wir sind doch in Paraguay. Ja es sind Deutsche, denen das Lokal gehört.
Nun geht es noch weiter die Ruta entlang und dann etwa 2km Erdstraße und wir stehen vor dem Tor von Valle Tucán. Wir haben Jörg einfach überrascht und er hat sich sehr gefreut. Mit seiner Frau Anita betreibt er hier eine Wohnanlage mit Häusern, die vorwiegend aus Lehm bestehen. Nach einer kurzen Unterhaltung ist klar, daß es unser Zuhause für die nächsten 1-2 Monate werden soll - daß daraus später ganze 8 Monate werden, hatten wir nicht vor, aber wir haben uns auch hier wieder einfach leiten lassen und es nicht bereut. Es geht jetzt wieder zurück in den Trubel der Metropole und für uns geht ein ereignisreicher Tag zuende.
Beantragung der Daueraufenthaltsgenehmigung
Auch der 26.09.2017 war ein wichtiger Tag für uns. Wir treffen uns zum zweiten Mal mit Bettina und heute werden alle Dinge erledigt, die für die Daueraufenthaltsgenehmigung erforderlich sind. Nach ca. zwei Stunden halten wir stolz unsere vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung in den Händen. Damit ist allerdings schon alles entschieden, denn mit Annahme der Papeire wird hier bereits darüber entschieden, ob der jeweilige Antrag genehmigt ist oder nicht. Jetzt folgt nur noch das Warten auf die entgültigen Papiere. Dies soll 3-4 Monate dauern - bei uns werden es ganze 10 Monate. Irgentwie bekommen wir zwar immer alles, aber es dauert extrem lange.
Während wir bei Migraciones sitzen treffen wir nicht nur Christian, den wir schon aus Deutschland kennen, sondern es wird uns auch klar, was hier so abgeht. Die Anzahl der Einwanderer steigt stetig an, aus Deutschland hat sie sich gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. Wir gehen mal wieder die 7km zu Fuß nach Hause, heute entlang der "Mariscal Lopez", einer der Hauptachsen von Asunción - keine gute Idee. Wahrscheinlich schlucken wir mehr Abgase, als je zuvor.
Die letzten zwei Tage in Asunción sind eher ereignislos, wir bibbern aber angesichts der Wetterprognosen um die Befahrbarkeit der Erdstraße in Emboscada, denn am 29.09. ist Umzug. Wir haben aber Glück und alles läuft sehr gut. Damit endet unsere erste Etappe in unserer neuen Heimat und wir freuen uns auf die Ruhe.