Wie alles begann...
Der Gedanke, später einmal auszuwandern war bei uns beiden schon lange "im Programm". Natürlich sind wir beide systemkonform aufgewachsen und erzogen worden und der Wunsch zur Auswanderung war eher wegen des echten Klimas, nicht wegen des politischen. Auch unsere Lebensweise war damals eher schwäbisch, also "schaffe, schaffe Häusle baue".
Wir wollten uns eben Geld verdienen und uns dann zur Ruhe setzen. Zum Glück kam die Erkenntnis, daß man Geld nicht verdienen, sondern nur bekommen kann und das auch oft nur unter fragwürdigen Bedingungen noch rechtzeitig. Ungefähr im Jahr 2012 war bei uns der Druck und die Einsicht groß genug, um zu bemerken, hier (Deutschland) müssen wir weg. Wir waren damals noch zu naiv und stellten uns ein schönes Leben in Nordspanien vor. Sicherlich ist es dort noch lockerer als in Deutschland, aber als wir von der Pflicht von Reflektorgürteln am Tag für Radfahrer hörten, gingen bei uns die Alarmglocken los. Leider (das ist natürlich nicht ernst gemeint) hat Carmen noch Kinder, die in Deutschland bleiben und Spanien ist ja gleich um die Ecke. Aber ich (Michael) hatte mal einen Bekannten, der in den 1980er Jahren nach Paraguay gegangen ist...
Die folgenden Jahre waren ein stetiger Kampf gegen deutsche Firmen, die sich als Behörden tarnen und es wäre überheblich, von einem Sieg gegen diese zu sprechen. Immerhin konnten wir den einen oder anderen Stinkefinger zeigen. Eines wurde jedoch immer klarer: "In Europa ist , zumindest für uns, kein friedliches Leben mehr möglich". Da war doch noch dieses kleine Land in Südamerika...
Es war wohl irgendwann in 2015, als der Druck immer stärker wurde und die Erkenntnisse immer greifbarer. Ein Flug nach Paraguay kostet nicht die Welt und es ist auch nicht viel weiter entfernt, als die Dom. Rep., in der viele Deutsche Urlaub machen. Von nun an bereiteten wir uns auf dieses Land vor. Natürlich studierten wir intensiv die Geschichte dieses Landes und beschäftigten uns die nächsten drei Jahre damit. Wahrscheinlich können wir stolz behauipten, daß wir mehr über Paraguay wissen, als manch einer, der dort geboren ist. Besonders interessant sind natürlich die Dinge, die in normalen Geschichtsbüchern nicht stehen. Und genau in einer solchen Gegend sind wir nun auch gelandet.
Eine Reise zum Anschauen kam für uns aus mehreren Gründen nicht in Frage. Die Belastung, die der sowieso stark geschädigten Natur damit angetan wird, wollten wir nicht auf unser Gewissen laden und eine Reise zeigt immer nur die Schokoladenseiten von sehr wenigen und kleinen Gebieten. Die modernen Informationsmöglichkeiten sind da für einen Überblick viel besser geeignet. So hat auch die moderne Zeit ihre Vorzüge.
Wir bauten die Webseite http://www.paraguay-info.net auf und sammelten dort alles, was wir an Informationen bekommen konnten. An dieser Stelle möchten wir uns bei Parakay bedanken, der uns sofort einige seiner Fotos zur Verfügung stellte. Die für uns schwierigste Frage war, auf welche Gegend sollen wir uns konzentrieren. Klar war von Anfang an, daß der Abstand zu deutschen Kolonien groß genug sein muß, genau wie auch zum Großraum Asunción. Viel Geld hatten wir ebenfalls nicht, aber wir wollten immer ein möglichst großes Grundstück, also wurden die Preise zu einem wesentlichen Faktor. Die Departamentos Amambay, Canindeyú und Ñeembucú schienen für uns ideal. An Ñeembucu störte uns allerdings von Anfang an, daß es fast bei jedem schlechten Wetter genannt wurde, sonst aber war es richtig schön. Amambay und Canindeyu gefielen uns besonders wegen der hügeligen Landschaft und in allen drei Departamentos gab es keine nennenswerten Ansammlungen von Deutschen.
Drei Jahre sind eine lange Zeit und neben dem stetigen Kampf gegen deutsche Pseudo-Behörden gab es eine Menge Kleinkram zu erledigen. Zwei ganze systemkonforme Leben mußten auf ein echtes Leben umgestellt werden und in 50 Jahren hat sich je auch so maches angesammelt, was einem lieb und teuer geworden ist. Unsere damals schon sehr alternative Lebensweise gab uns Gelegenheit, auch die geistig seelische Entwicklung weiter zu treiben. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse halfen uns dabei, die gebetsmühlenartig vorgetragenen sog. Argumente des Systems zu durchschauen und neue Kraft für die Zukunft zu gewinnen. Wir versuchten noch auf verschiedenen Wegen Andere ebenfalls von unserer Idee zu begeistern, sind aber eher kläglich gescheitert. Der dabei leider zu oft gehörte Ausruf: "Was habt Ihr denn?" und: "Was kann ich dabei verdienen", hat uns (entschuldigt den derben Ausdruck) einfach nur angekotzt. Gibt es wirklich in Europa nur noch Trittbrettfahrer? Wir haben unsere Konsequenzen gezogen und einfach nur noch an uns gedacht. Natürlich haben wir dabei die wenigen wirklich ernsthaft entschlossenen nicht links liegen gelassen.
Irgendwann in 2016 stand für uns fest, daß es nächstes Jahr im Sommer losgehen soll, denn dann ist in Paraguay ja Winter und die Umstellung nicht so schwer. Der paraguayische Winter ist ja eher mit einem schlechten deutschen Sommer zu vergleichen. Auch das anvisierte Abflugdatum hatte symbolischen Charakter, denn es war genau 100 Tage vor meinem Geburtstag - ohne dies vorher auszurechnen.